Arbeiten, Kinderbetreuung und so vieles mehr gleichzeitig

Und ewig ruft der Haushalt… Familienarbeit in Familienzeiten

Man hört es überall. Die Familien leben zusammen und plötzlich ist die Arbeit, die Leben eben macht, erschlagend viel und groß. Klar, dass mehr anfällt, wenn man den ganzen Tag zuhause ist. Mehr Tassen und Becher, mehr Mahlzeiten, mehr Snacks, die in den heimischen Wänden verzehrt werden anstatt an den Orten, an denen man sonst getrennt voneinander seinen Alltag verbringt. Care-Arbeit. Minus die vielen externen Termine plus die Herausforderung, auch ohne persönliche Kontakte und Nachmittagsprogramm zauberhafte Highlights zu setzen. Für die eigene Familie sowie auch für die, die man jetzt eben nicht persönlich verwöhnen kann. Und natürlich die Hausarbeit, die eh da ist. Putzen, Wäsche, Aufräumen und – richtig! Schon wieder der Geschirrspüler. Wer springt zuerst auf und bewegt sich?

„Hilf mal Mama“ heißt jetzt „Bitte mach mit bei der Familienarbeit“ 

Statistisch gesehen natürlich die Frauen des Hauses. Mütter übernehmen immer noch die meiste Arbeit im Haushalt. Care-Arbeit heißt das neudeutsch, doch das macht es kaum besser. Und tatsächlich ist es so, dass man die Familie zu Hilfe einspannen kann. Bestimmt klappt es nicht überall von selbst, aber Aufgaben zu verteilen ist ja nichts Schlimmes. Interessant ist dabei die Wortwahl: Für uns heißen diese Aufgaben Familienarbeit. Wir hatten Phasen mit Grundsatzdiskussionen, in denen es hieß „hilf mal Mama“, was natürlich Blödsinn ist, denn es ist ja nicht meine persönliche Aufgabe, die Familienbedürfnisse zu befriedigen.

Die Arbeit mit der Sprache

Familienarbeit ist unser Wort für alle Aufgaben, die für uns alle sind. Dazu gehört Socken falten genau so wie Staub saugen, Blumen gießen, essen kochen, Tisch decken und vieles mehr. Und wir nutzen den Begriff und damit gemeinte todo-Liste um wirklich auf alle Personen zu verteilen. Den Geschirrspüler räumt der Kleinste am Eifrigsten aus, Socken falten können sie alle und auch den Tisch deckt nie die Person, die auch kocht.

Mental Load ist mehr als Familienarbeit

Natürlich ist der Mental Load der derzeitigen Phase ausnahmsweise überschaubar und es ist auch einfach, Hausarbeit gut aufzuteilen, wenn es an alternativen Beschäftigungen mangelt. Dennoch ist es auch eine Chance, etwas zu verändern. In der äußerlichen Ruhe der Zeit Dinge einzuüben, die man dann in den neuen Alltag hinüberretten kann. Wenn man einmal Socken falten kann, kann man es immer. Wenn man einmal verstanden hat, dass man vor dem Essen den Tisch decken muss, kann man es jeden Tag tun.

Lernen fürs Leben

Letztlich gibt es ja zwei große Wahrheiten, die wir nicht wegdiskutieren können: Familie ist eine Menge Arbeit. Die tausend kleinen Aufgaben, die Milliarden Extras und Sonderlocken, die Zeit und Kraft kosten. Die sind eben ein unbezahlter Fulltime-Job, wie auch immer man ihn sich innerhalb der Familie aufteilt. Und: Es ist ein gutes Learning für die kleinen Menschen, die unser Leben so zauberschön machen, sich einbringen zu können und zu verstehen, wie Zusammenleben, Haushalt und vieles mehr funktionieren. Welche Handgriffe erforderlich sind, welche Gedanken man sich machen muss und vieles mehr. Die tausend kleinen Kleinigkeiten gibt man eben auch weiter und legt damit Grundsteine für eigene Leben, die neue Antworten auf unsere Themen finden können.

Aufregen im Großen, ändern im Kleinen

Es ist die eine Sache, sich im Großen was zu wünschen und dafür aufzustehen. Im Kleinen kann man das insbesondere in Sachen Familienarbeit jeden Tag tun. Und das müssen wir auch alle. Es ist eine Sache, sich darüber aufzuregen, dass es „immer“ die Frauen sind, die alle Bereiche unter einen Hut stopfen, der dann aber so rutscht, das sie immer kalte Ohren haben. Die ihren Laptop auf dem Esstisch aufbauen, an dem erst gegessen wird und danach Hausaufgaben zu erledigen sind. Die ihre Notizzettel zwischen beruflichen todo-Listen und dem Grocery-Shopping für die Familie aufteilen. Während Männer für ihre Jobs in ruhiger Selbstverständlichkeit das „Do not Disturb“-Schild an die Zimmertür machen, bevor sie sich dahinter einschließen.

An die Küchentische und planen

Was hier wie ein Klischee klingt, ist die statistische Situation. Und gleichzeitig schauen Statistiken auch immer nach hinten. Die Gegenwart und die Zukunft gestalten wir alle jeden Tag. Die Aufgabenverteilung in der Familie miteinander zu verhandeln, sich Wertschätzung für die eigenen Themen zu verschaffen und Freiraum zu erarbeiten, ist wichtig, wenn wir etwas verändern wollen. Wenn alle Familienmitglieder Zeit für ihre Themen haben und alle sich selbst verwirklichen möchten, ist das nur gerecht. Gemeinsam zu erarbeiten, wer welche Aufgaben übernimmt, wer was schon kann und wo dann plötzlich Lücken entstehen, die jeder mit Freizeit füllen kann – und in denen man sich auch herrlich gemeinsame Unternehmungen vornehmen kann – ist sicher eine spannende Übung. Und es ist auch spannend, sich darüber auszutauschen, wo welche Interessen liegen und wer sich wofür begeistert.

 

Wie seht Ihrs: Wie viel Veränderung ist realistisch? Findet Ihr es vielleicht sogar gut, wenn die Rollen klar getrennt sind, weil das für Euch Vorteile hat? Was können Eure Kinder schon gut leisten?