Liebe Julia, Onuava klingt ehrlich gesagt sehr fantasievoll. Wie dürfen wir uns das genau vorstellen: Fertility Benefits?

Wahrscheinlich kann man es sich nicht ansatzweise vorstellen, wenn man es nicht selbst erlebt hat: Kinderwunsch ist schön, unerfüllter Kinderwunsch ist eine enorme emotionale Belastung. Schon Warten an sich setzt Menschen unter Stress. Beim Kinderwunsch haben wir ein Wechselspiel aus Warten, Performen, Warten, Ergebnis, eventuell startet es dann von vorn oder es geht weiter mit Warten nach dem ersten Hoffnungsschimmer, ob das Baby im Bauch bleibt oder es sich doch noch wieder verabschiedet, ob es dann alle Tests „besteht“ und schließlich gesund zur Welt kommt. Und in jeder Sekunde dieser Wartezeit kreisen Zilliarden Gedanken in den Köpfen der Noch-nicht-Eltern. Zukunftsentwürfe in verschiedene Richtungen bestehen parallel, weil niemand weiß, wie die nächsten Ergebnisse sind. Und all das, während eigentlich im Job Höchstleistungen erbracht werden sollen.

Da macht schon die Schilderung Gänsehaut. Eigentlich möchte man die Menschen doch in den Arm nehmen, die unter solchem Druck stehen, oder?

Ja, genau. Das ist auch das Ziel von Onuava. Wir wollen die Plattform sein, die Halt gibt. Information, Coaching und Begleitung und auch Finanzierung sind die Themen, mit denen wir Kinderwunschpaare unterstützen. Das bieten wir so an, dass es tatsächlich gegenüber den Unternehmen anonym ist, wer sich registriert und wer welche Leistung in Anspruch nimmt.

Was sind neben noch einer Art von Benefits denn die Ziele, die die Unternehmen verfolgen?

Menschen mit Kinderwunsch sind extrem belastet. Mit guter Unterstützung, die über unsere Kooperation mit den Personalabteilungen bis hin zur Übernahme von Behandlungskosten gehen kann, kann der Kinderwunsch schneller und informierter verfolgt werden. Das hilft, die Zeit der emotionalen Belastung kurz zu halten. Der mentale Druck, also die Ressourcen, die der Kinderwunsch im Kopf der Betroffenen beansprucht, ist enorm. Viele Frauen kündigen zum Beispiel in der Kinderwunschphase ihren Job, weil sie zu belastet sind.

Man kann also sagen, Onuava hilft bei der Mitarbeiterbindung?

Onuava ist ein Weg, die Mitarbeiterloyalität zu fördern. Wenn Unternehmen verstanden haben, dass sie schon so früh in Familienfreundlichkeit investieren können, können sich die Mitarbeiter sicher sein, dass sie hier auch langfristig eine gute Heimat für ihre Job-Ambitionen finden.

Wie funktioniert Eure Plattform?

Wir arbeiten mit Experten aus ganz Deutschland zusammen, was die Inhalte und die konkreten Coaching-Anfragen betrifft. So können wir sicherstellen, dass wir zum Beispiel Spezial-Anforderungen von Paaren erkennen und die richtige Klinik zuweisen. Das verkürzt den Weg des Paares enorm, weil sie nicht erst selbst den nötigen Tiefgang erarbeiten müssen, sondern von unserer Expertise profitieren.

Sag mal, wenn ich mir vorstelle, wie umfangreich der mental load bzw. die emotionale Belastung der Behandlung ist, denke ich, dass Vereinbarkeit schon weit vor der Geburt eines Kindes anfangen kann.

Ja, so ist es auch. Die meisten Frauen stellen die ersten Belastungen bereits zu Beginn ihrer Kinderwunsch-Reise fest und behalten sie natürlich bei, bis die Dinge positiv aufgelöst sind. Erstaunlicherweise stellen auch etliche Menschen fest, dass die Kraft nicht für beide Projekte reicht und nicht wenige entscheiden sich gegen den Job oder fahren zumindest die Stundenzahl runter.

Julia, sag nochmal gerade: Fertility Benefits haben eine sehr große theoretische Zielgruppe, oder?

Es sind tatsächlich nach den aktuellen WHO-Zahlen 1 von 6 Paaren im Sinne von „Mann und Frau“ von unerfülltem Kinderwunsch betroffen. Und das sind nur die Paare, die auch tatsächlich als solche in Erscheinung treten. Die LGBTQIA-Community, Single Parents und dergleichen sind in diesen Statistiken nicht erfasst. Wir haben es also mit einem sehr großen Markt zu tun. Fertility Benefits sind ein Thema, über das Unternehmen tatsächlich nachhaltig nachdenken sollten.

Du warst jetzt viel auf HR-Veranstaltungen mit Deinem Geschäftsmodell unterwegs. Betrifft dieses „Kraft rauben“ auch HR-Personen? Wie energieraubend ist es aus Unternehmenssicht, den Kinderwunsch permanent mitzudenken, den Mitarbeiter unglücklich zu wissen und dergleichen? Je mehr HR auch zu Care wird, treten solche Gedanken doch auch in den Vordergrund, sind aber bestimmt schwer zu greifen, oder?

Da sprichst Du ein großes Thema an. Schnell beantwortet ist die Seite, dass die Unternehmen natürlich auch planen wollen, Projekte gut besetzen und dergleichen. Hier haben wir allerdings wie bei natürlich eingetretenen Schwangerschaften auch eine Vorlaufzeit, die auch hilft, Weichenstellungen zu verändern und Aufgaben in Ruhe umzuverteilen und Übergangslösungen für die Elternzeit zu finden.

Und die emotionale und inhaltliche Unterstützung?

Glaub es oder nicht: Die meisten HR-Abteilungen sind emotional hochgradig involviert und zwar auf Seiten ihrer Mitarbeiter. Es gibt unglaublich viel Neugier darauf, wie man bestmöglich unterstützen kann, aber eben auch eine Hemmschwelle, den Personen nicht zu nahe treten zu wollen. Darum ist es gut, dass Onuava anonym ist. Ganz sind wir noch nicht bei der gewünschten Offenheit angekommen, dass Eltern auch für alle Projekte die perfekte Besetzung sind, aber wir nähern uns immerhin soweit an, dass Unternehmen durch Onuava mit den Eltern-to-be den Kindern entgegen fiebern. Vielleicht muss man hier gemeinsam wachsen

Das ist ein schönes Schlusswort, Julia. Gemeinsam hineinwachsen scheint auch die Rolle unserer Generation zu sein. Eltern wollen arbeiten und Eltern sein und beides mit vollem Herzblut, auch wenn dabei der Zeiteinsatz manchmal auf der Strecke bleibt. Mal sehen, wo wir hier in zehn Jahren stehen. Ich bin gespannt und für heute bleibt mir noch, Euch alles Beste zu wünschen. Danke, Julia!