Interview mit Michelle van der Veen, Global Direct Commerce Lead bei Danone und Vorstand Working Moms e.V., Frankfurt. Wir sprachen über die Motivation, einen guten Job zu machen, Role Models, die uns das vorleben und das Empowerment, dass wir es tun können, wenn man uns in den Bedingungen ein wenig entgegenkommt.
Liebe Michelle, schön Dich zu sprechen. Sag, was machst Du anders in Sachen Vereinbarkeit?
Ich habe meine Elternschaft mit einem halben Jahr Elternzeit gestartet. Dann bin ich Vollzeit wieder eingestiegen. Ich wusste genau, dass ich mich weiterhin voll einbringen will. Also hätte für mich Teilzeit keinen Sinn gemacht. Wir haben als Eltern damals eine Aufteilung gefunden, die dazu führt, dass wir mit der Kita-Betreuung und dem abwechselnden Bringen und Abholen unsere Arbeit gut leisten können und wirklich voll verfügbar sind. Heute haben wir ein Aupair als Unterstützung. Eine Zeit lang hatten wir auch feste Babysitter, die regelmäßig bei uns waren.
War das von Anfang an für alle easy?
Nein, überhaupt nicht. Elternschaft ist eine Reise und wir sind mit jeder Herausforderung gewachsen. Dabei haben wir unser Modell immer wieder justiert und hinterfragt. Am schwierigsten waren dabei immer schon die Stimmen von außen, die meinen unser Lebensmodell bewerten zu müssen. Jede Familie sollte die Freiheit haben ihr Modell zu wählen. Davon sind wir leider immer noch weit entfernt.
Was hast Du da für Beispiele?
Ich habe mit Baby einen Bewerbungsprozess erlebt. Dort habe ich verschiedenen Ansprechpartnern erklärt, ich bräuchte keine besonderen Voraussetzungen, würde aber zwei Mal pro Woche früh anfangen und dann nachmittags um vier mein Kind vom Kindergarten abholen. Das ist in Gesprächen immer ein sehr spannender Moment, weil man sehr genau merkt, wie das jeweilige Gegenüber tatsächlich emotional das Thema Vereinbarkeit sieht. Hier treffen dann oft Mindsets aufeinander, die relativ grundlegend verdeutlichen, ob die jeweilige Kultur zu den eigenen Wünschen passt oder nicht. Und so hab ich es dann auch erlebt, dass in Firmen, die Vereinbarkeit auf ihre Websites schreiben, sowas ein absolutes No-Go ist.
Wie genau hast Du denn Deine Tage strukturiert?
Aktuell arbeite ich im Flexwork-Modell mit ca. 60% Reiseanteil und regelmäßigem Home Office. Das ermöglicht mir, mich relativ flexibel zu organisieren, wenn mein Kind Termine hat oder z.B. Sommerfest im Kindergarten ist am Nachmittag. Ohne diese Flexibilität durch meinen Arbeitgeber hätte ich tatsächlich Schwierigkeiten wichtige Momente nicht zu verpassen. Meinem Mann und mir war es immer wichtig, dass wir uns beide beruflich entfalten können und gleichzeitig genügend Familienzeit bleibt. Natürlich kennen wir aber auch die Abende, an denen wir noch einmal den Rechner hochfahren und arbeiten bis es draußen dunkel ist. Die Balance ist hier für mich entscheidend.
Dein Arbeitgeber ist international. Deutschland ist in Vereinbarkeit speziell. Was erlebst Du an der Stelle?
Danone ist ein französischer Konzern, dadurch haben wir eine sehr gute Policy und ein hohes Level an Vereinbarkeit. Generell merke ich im Austausch mit meinen Kolleg*innen aus aller Welt, dass die Selbstverständlichkeit von Familie anderswo weitaus höher ist. Das ist uns insbesondere im Vorfeld der Einschulung nochmal bewusst geworden. Hier in Deutschland ist es immer ein riesiges Ding, die Kinder nachmittags betreut haben zu wollen. Wir haben für uns eine Lösung gefunden, die nicht nur „beschäftigt“, sondern auch Förderung und Forderung durch die Schule mit abdeckt und die auch dafür sorgt, dass das Kind ein Stück weit in seiner Selbständigkeit unterstützt wird. Dass das bei uns eine Frage des Einkommens ist, ist himmelschreiend.
Wie ist es kulturell? Wir haben schon gelernt, dass Du eine Unternehmenskultur gesucht hast, die familienfreundlich ist
Es ist nicht nur das. Familienfreundlichkeit ist mein Beispiel. Es ist heutzutage einfach kein Thema mehr, wie jemand seine Zeit abseits der Arbeit verbringt und teilweise auch nicht, wo man arbeitet. So gibt es bei uns die Möglichkeit zur Workation. Es ist völlig normal, Calls von überall anzunehmen bzw durchzuführen. Das ist einfach Teil der Kultur, die wir bei Danone leben und die mittlerweile auch zu Recht immer stärker eingefordert wird. Die Technik macht das möglich. Das Mindset ist es, was den Unterschied macht. Auch hier erlebe ich im internationalen Kontext eine viel offenere Art. Das ist wirklich schön zu sehen und zu erleben, dass es zielführend und produktiv ist, so zu arbeiten.
Wie ist es denn mit der Offenheit dafür, dass Menschen auch Familienmenschen sind. Was ist, wenn jemand zum Beispiel zur Seepferdchenprüfung, der Schulaufführung und so vielem mehr mal früher raus muss oder dergleichen?
Da unterstützen wir uns gegenseitig im Team. Seien wir mal ehrlich: Wir sind alle erwachsen und managen herausfordernde Projekte. Da ist es ebenso möglich, die eigene Arbeit so zu organisieren, dass dieser eine entsprechende Slot, von dem es im Jahr vielleicht maximal vier gibt, frei bleibt.
Du bist auch Co-Vorständin der Working Moms Frankfurt e.V. Was nimmst Du aus dieser Rolle zum Thema Vereinbarkeit mit?
Ja, das Thema lässt mich auch im privaten Engagement nicht los. Ich sehe noch so viel Handlungsbedarf bis Mütter wirklich gleichberechtigt Karriere machen können und so viele gläserne Decken, die wir durchbrechen müssen. Deshalb engagiere ich mich zusammen mit vielen großartigen Frauen für das Thema. Da können wir gerade alle am besten gegenseitig voneinander lernen und miteinander dafür sorgen, dass wir bei dem Thema weiter kommen. So wie hier auch im Blog
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