Es klingt zu schön um wahr zu sein: Man gründet gemeinsam eine Familie, steht füreinander ein, ist immer füreinander da. Aber weit gefehlt: So richtig ist das mit der Fairness spätestens im Geldbeutel gar nicht vorgesehen. Offensichtlich wird das meistens erst im Falle einer Trennung oder dann, wenn der Besserverdienende Part der Familie stirbt. Die Tücken des Gehaltsunterschiedes und seine langfristigen Auswirkungen stellen eine Herausforderung dar. Wir schauen einmal genauer hin. Dafür habe ich das Gespräch gesucht mit Claudia Brammen, Geschäftsführerin bei Bezirksdirektion Brammen der Continental Krankenversicherung.

Claudia, super, dass Du uns Rede und Antwort stehst. Erzähl mal: Der Klassiker ist immer noch, dass Frauen beruflich kürzer treten, wenn Kinder kommen, oder?

Ja, das ist immer noch so. Wir können aber auch das Thema Geschlecht ausklammern: Sobald ein Partner kürzer tritt, verringern sich auch die Leistungen, die für Sozialbeiträge abgeführt werden müssen, respektive die in private Vorsorgeformen investiert werden. Oft ist hier auch wirkliche Blauäugigkeit oder auch Bequemlichkeit im Spiel. Das mögliche Risiko wird nicht gesehen.

So entsteht ja im Lauf des Lebens ein Knick in der Einkommenskurve, der sich in die Berechnung aller Sozialversicherungsbeiträge und damit im Bedarfsfall auch der Leistungen durchzieht, oder?

Ja, ganz genau. Und das ist vor allem dann ein Problem, wenn nicht mehr – wie in der Paarbeziehung oft üblich – das Geld gemeinsam ausgegeben werden kann. Wenn sich die Konten wieder trennen, sei es durch eine Trennung der Partner oder auch durch den Tod des besserverdienenden Menschen in der Beziehung. Auch wenn der Hauptverdiener zum Pflegefall wird, tritt diese Situation ein. Plötzlich steht die andere – meistens ist es ja die Frau – vor der Situation, allein für ihr Einkommen verantwortlich zu sein und dann ist es oft zu spät, etwas daran zu ändern

Und wie siehst Du es in Bezug auf selbständige Mamas? Da ist das Einkommen ja möglicherweise nicht so leicht zu schätzen wie bei einer angestellten Karriere, aber der Bedarf zur Absicherung ist ja erstmal der gleiche

Das stimmt. Absichern muss man das Einkommen immer, damit es keine bösen Überraschungen gibt. Für die Altersvorsorge ist das einfach: Mit Riester und Rürup – so schlecht diese Formen auch oft gemacht werden – ist eine Altersvorsorge mit maximalen Zulagen gut möglich. Beides kann nicht in finanziellen Engpässen aufgezehrt werden, wie das mit anderen Verträgen oft geschieht. So ist zumindest das Thema Alter schon mal in den Griff zu bekommen.

In der gesetzlichen Rente kann man sich ja Erziehungszeiten anrechnen lassen. Aber lass mich raten: Das reicht bei weitem nicht, um die Lücke zu decken, oder?

Genau. Das reicht nicht. Was außerdem sehr empfehlenswert ist: Man sollte beizeiten eine Kontobereinigung bei der Rentenversicherung durchführen. Dabei wird das Konto überprüft und man muss ggfs auch einzelne Zeiträume der Einzahlung bzw Erziehungszeiten noch einmal gesondert nachweisen. Dann hat man zumindest an der Stelle alles auf Stand und die Berechnung stimmt. Der Wert, der dort auftaucht, ist jedoch oft ernüchternd.

Was denkst Du: Wie könnte ein adäquates Modell aussehen? Warum gibt es zb in Deiner Branche keine Antworten für so etwas? So eine Art „Familienfinanzausgleich“?

Generell wird darüber noch viel zu wenig geredet. Darum gibt es auch keine standardisierten Modelle. Klar ist auf jeden Fall, dass die Absicherung des kürzer tretenden Familienteils nicht auf der Strecke bleiben darf. Damit wäre vielen Frauen schon wesentlich geholfen. Inwiefern außerdem innerhalb der Familie respektive des Paares Ausgleich betrieben wird und was dort möglich ist, ist sicherlich ein anderes Kapitel. Oft stehen ja gemeinsame finanzielle Ziele dem im Weg. Der Erwerb und Unterhalt von Wohneigentum zum Beispiel oder auch ganz schlicht die Finanzierung des täglichen Lebens. Fair wäre es allerdings allemal. Auch wäre es eine Möglichkeit, die so wertvolle Care-Arbeit zu honorieren.

 

Claudia ist als Beraterin mit dem Schwerpunkt „Finanzielle Sicherheit für Frauen“ aktiv. Darum steht sie Euch zu diesem Thema gern weiter Rede und Antwort, wenn Ihr hier tiefer einsteigen mögt. Meldet Euch gern direkt bei Ihr via E-Mail: info@claudia-brammen.de oder schaut auf Ihrer Seite vorbei unter: www.claudia-brammen.de

Auf Eure Erfahrungen und Lösungsvorschläge bin ich gespannt wie ein Flitzebogen. Schreibt mir gern dazu, in den Kommentaren oder auch per Mail