Das Buch, das bleibt
Eine Lese-Erfahrung, die in Romanform mehr lehrt und vermittelt, so viel Wahrheit und Gänsehaut enthält und einfach von Seite eins an lohnenswert ist. Für den eigenen Kopf, als Gesprächsanlass in der nächsten Runde – in den meisten nächsten Runden…

Heute möchten wir Euch dieses großartige Buch vorstellen. Mareike Fallwickl beschreibt anhand von drei Frauen-Biographien so unglaublich realistisch, was gerade alles falsch läuft, dass ich beinahe aus Versehen in dem klitzekleinen Laden, in dem ich das Buch in die Hände bekam, versackt wäre. Ich hab es dann schnell bezahlt und doch die Kinder dort abgeholt, wo ich sie zuvor hingebracht hatte…
Unsere Rezension
Danke für „die Wut, die bleibt“. Was für ein Kunststück, so eine riesige und richtige Systemkritik in einen Roman zu verpacken und jedes Wort ist einfach nur genau so Realität. Apropos Wort: Zweites Kompliment dafür, dass das Buch sprachlich so präzise und klar genau die richtigen Worte findet und die Dinge dadurch so fühlbar werden. Ich überlege noch, ob ich es für immer unter mein Kopfkissen lege oder es erst recht „aussetze“, damit es weitere Menschen lesen…
Frauen, die einst Träume hatten, aber nun Alltag mit kleinen Menschen organisieren statt ihre Träume zu verwirklichen. Während der Vater der kleinen Menschen Träume verwirklicht und wenn er davon müde ist, heim kommt. Um dann nach dem Essen zu fragen und danach, ob man eigentlich Salz im Haus hätte (wie kann er das nicht wissen? Es ist auch sein Haus. Wie kann er nicht einfach aufstehen und es holen? Wie kann er nicht einfach essen, was auf den Tisch kommt, so wie es gekocht wurde? Vielleicht ist es gerade wegen des wenigen Salzes auch richtig für seine Kinder?)
Die Tochter, die sich auf ihre ganz eigene Art und Weise bei den Männern in ihrem Umfeld bedankt. Für mangelnden Respekt, Übergriffigkeit und eine Reduzierung der Frauen auf Körper und Lebensorganisatoren.
Die beste Freundin, die in der Familie einspringt. Und zack! Im gleichen Strudel steckt, wie die Mutter zuvor. Die der Rolle nicht entkommt, bis sie sich befreit und dafür wiederum einiges opfert, was ihr emotional wertvoll geworden war. Um herauszufinden, was ihr eigener Lebensentwurf denn sein soll: Ist sie rund, weil sie es eben ist und sein darf? Hat sie eigene Kinder oder betreut sie „nur“ die der verstorbenen Freundin? Würde sie dann eines Tages nicht nur ohne diese Kinder dastehen, sondern sich auch selbst um ihre eigene Lebenszeit betrogen sehen, nachdem sie diese in andere investiert hat?
Wenn Ihr ein Buch lest in diesem Sommer, dieses lohnt sich. Es stößt an und macht wach. Und vielleicht ist es auch nicht ganz bequem für die Menschen um Euch herum. Das könnte aber genau wichtig sein.