Ständig arbeiten war gestern. Dann arbeiten, wann es am besten geht, ist das neue schwarz. Was dabei oft ignoriert wird: Das ist tatsächlich für sehr viele ein großartiger Weg zu Produktivität und zu engagierter Arbeit. Dadurch, dass man sich seine Wohlfühlelemente noch gezielter setzen kann, kann man noch besser im Job sein. Nur eben nicht unbedingt präsent. In meinem Kontext heißt das oft: Zeit für die Familie geht vor. Wenn die Familie was anderes macht, habe ich Zeit für den Job. Manchmal muss ich das bewusst herbeiführen und alle beschäftigen. Manchmal kommen da komische Arbeitszeiten bei heraus. Grundsätzlich verlasse ich das Haus genau nie ohne Notizbuch, Stifte, Mobiltelefon und Headset bzw AirPods. Man weiß ja nie… Und darum möchte ich heute auch ein Gegengewicht zum derzeitigen Gen-Z-Hype in den Ring werfen. Denn aus meiner Sicht fallen dabei ein paar wesentliche Punkte unter den Tisch:
Der Gen Z Hype und warum dabei etwas ignoriert wird
Wir kennen es alle: Das überzeichnete Bild vom Berufseinsteiger, der erstmal nach Urlaub und freien Freitagnachmittagen fragt, bevor ihn der Inhalt der Aufgabe interessiert. Während die Menschen angesichts dessen die Augen verdrehen, fällt eine ganz wichtige Frage hinten runter. Was treibt ihn denn an, diesen Vertreter der Gen Z? Und nicht nur ihn, auch die Generation davor, die jetzt als working parents in den Unternehmen sitzt und den Postkorb anders priorisiert als es noch die Generation davor tat. Oft sind es beste Gründe, die so langsam auch Gehör finden. Vielleicht ist immer Freitags das wichtige Aktionstreffen vom Klimabündnis. Oder die freiwillige Schicht in der Tafel? Oder es ist Mama- oder Papatag im Kindergarten? Arbeit wandelt sich derzeit stark. Das liegt auch daran, dass wir neue Möglichkeiten haben, uns im Job zu verwirklichen und gleichzeitig privat Prioritäten zu setzen.
Wie es damals war
Seid Ihr auch noch damit aufgewachsen, dass Geschichten von Menschen, die ganze Tage und halbe Nächte im Office verbringen, cool sind? Dass man da richtig was schafft, spannende Projekte rockt und Dinge tut, auf die man stolz ist und für die man gefeiert wird? Dass Offices sich darauf einrichten, in dem sie nicht nur Kantinen, sondern auch Fitness-Studios und Textilreinigungen beherbergen? Dass in Flughäfen für die 7.00-Uhr-Maschinen lauter Menschen in Anzügen Schlange stehen, die am Vormittag Termine in anderen Städten haben und dort spannende Dinge tun? Heute würden wir solchen Szenarios wohl mit einem Jahresring versehen, auf dem irgendwas mit dem letzten Jahrhundert stehen dürfte. Vielleicht noch was mit den 00er-Jahren dieses Jahrhunderts. Dabei ist es noch gar nicht so lange her, sondern für einige bestimmt auch noch Realität.
Die neue Elterngeneration macht es vor
Mittlerweile gibt es Menschen, die viel wissen und viel können, aber sich eben auch die Möglichkeit gönnen, ihre eigenen Arbeitsbedingungen zu erschaffen. Die sehr wohl ihre Arbeitskraft nutzen, um viel zu bewegen und sowohl spannende Geschäftsmodelle betreiben als auch Verantwortung übernehmen als auch finanziell erfolgreich sind. Die Arbeit nutzen um Erfüllung zu finden, aber zu ihren eigenen Bedingungen. Und dazu gehört immer öfter, dass Zeit für das Leben neben der Arbeit eingeplant wird. Schlüsselmoment an der Stelle ist für viele das Thema Elternschaft, vielleicht ist das aber auch nur eine statistische Häufung und bei denen, die nicht Eltern werden, gibt es andere Momente.
Arbeit als Erfüllung, aber nicht als einziger Lebensinhalt
Ich glaube, es ist so: Menschen der jüngeren Generation im Arbeitsmarkt sehen, dass Arbeit erfüllend ist, aber haben auch schon Menschen daran leiden sehen. Vielleicht auch schon eigene Negativerfahrungen gemacht. Das Spektrum ist breit. Sowohl Reue auf zuviel Arbeit und zuwenig Leben bei vielleicht Vätern oder Müttern, meistens bei Wendepunkten im Leben offensichtlich geworden. Abwesende Eltern, die eben nicht an Spielplätzen saßen und so weiter ist bekannt, selbst erlebt oder war im Umfeld präsent. Und so ist der Wunsch entstanden, es selbst für sich so zu gestalten, dass man die verschiedenen Lebensbereich besser miteinander verbindet.
Äußere Faktoren geben Freiheit
„Ihr sollt es später besser haben“ hat natürlich immer Luft nach oben. Es aber gut zu haben, ist zum Glück in unserem Teil der Welt mittlerweile für viele, die arbeiten erreichbar. Selbstverwirklichung ist Teil des Plans bei der Berufswahl geworden und so rücken auch Fragen zu Lebenszeitplanung automatisch ganz anders in den Fokus.
Gen Z oder Gen Parents?
Derzeit erleben wir eine lebhafte Diskussion über die Gen Z. In meinen Augen ist das nicht die Spitze des Eisbergs. Die Menschen, die für ihre privaten Träume und das Hinterfragen typischer Rollenbilder Arbeit umgestalten, sind schon ein bisschen älter. Sie sind nur nicht so laut und vielleicht auch nicht so viele. Ich sehe diese Menschen vor allem unter den Eltern, die ihre Kinder bewusst begleiten und erleben wollen. Die dafür Arbeitszeitmodelle neu definieren, Home Office-Regelungen auch schon vor Corona eingefordert haben und sie jetzt auf jeden Fall behalten wollen. Und die sich auch ihre Unterstützung durch Kinderbetreuung holen, vielleicht sogar mehr als jemals zuvor. Die aber sehr wohl selbst entscheiden, welche Termine der Kinder sie persönlich wahrnehmen und sich dabei einfach von dem leiten lassen, was für die Kinder wichtig ist und nicht davon, was wohl im Job gut aussieht.
Neues Selbstbewusstsein gewertschätzter Kinder
Gespannt dürfen wir sein, was das aus der Generation der Kinder macht, die in diesem Eltern-Mindset heranwachsen. Die verstehen lernen, dass (beide) Eltern gern arbeiten und stolz sind, Dinge zu bewegen. Die aber auch mit jeder Entscheidung mitdenken, was es für die Familie bedeutet. Und die immer ansprechbar sind, wenn das Kind einen Plan hat, Zeit miteinander zu verbringen, Mama und/ oder Papa hier oder dort dabeihaben zu wollen.
Augenhöhe, all the time
Eine Sache dürfte dabei wohl klar sein: Augenhöhe und Wertschätzung bekommen eine ganz andere Bedeutung. Und ehrlich gesagt ist das auch genau das, was ich derzeit in der Diskussion noch immer vermisse. Sicher mag es Menschen geben, die Freiheiten ausnutzen. Die hat es immer gegeben. Andererseits gibt es gerade in Sachen neue Arbeitsformen aber auch die Möglichkeit, viel mehr zu bewegen mit viel weniger Theater. Es braucht eben nicht mehr viel um leistungsfähig zu sein, zumindest in etlichen Branchen und für etliche Aufgaben. Da werden ja Ressourcen frei, die wir gut für ein besseres Miteinander einsetzen können. Und es lohnt sich sicher auch, die Devices einmal wegzulegen und sich zuzuhören. Dann kann man genau diese Veränderungen nämlich erkennen und verstehen.
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